Wilhelm-Hack-Museum

Die reine Kunst

› Die Geburtsstunde des orphischen Kubismus schlägt im Oktober 1912 in der Pariser Galerie La Boitie. In einem Vortrag teilt Guillaume Apollinaire den Kubismus in vier verschiedene Strömungen ein: den „wissenschaftlichen“ und den „physischen“ auf der einen, sowie den „orphischen“ und den „instinktiven“ auf der anderen Seite. Die Orphisten, so der französische Dichter, seien nicht an einer Darstellung der sichtbaren Realität orientiert, sondern loteten aus, wie sie, gestützt auf Farbtheorien, Erkenntnisse über das Phänomen Licht und esoterisch-spirituelle Lehre, etwas Neues schaffen könnten. „Es ist die reine Kunst“, betont Apollinaire — und beschreibt damit als einer der Ersten eine vollkommene Abstraktion.

Das Wilhelm-Hack-Museum beschäftigt sich nun erstmals mit dem Orphismus. Unter den Schwerpunkten Orpheus, Licht, Farbe, Form und Simultanität werden Werke von Robert Delaunay, František Kupka, August Macke, Sonia Delaunay-Terk, Paul Klee, Marthe Donas (Abbildung: „Enfant et bateau“), Fernand Léger und Francis Picabia gezeigt.

Harmonie statt Zersplitterung

Orpheus, der Namensgeber dieser Avantgarde-Bewegung, gilt in der griechischen Mythologie als Begründer von Wissenschaften und Künsten. Sein vollendeter Gesang, so der Mythos, vermochte die Unordnung der Welt in ein harmonisches Ganzes zu verwandeln und selbst wilde Tiere zu besänftigen. Im 19. Jahrhundert gewinnen diese Ideen neue Bedeutung, da das moderne Leben zunehmend als zersplittert und fragmentiert empfunden wird. Die Orphisten setzen diesen Entwicklungen eine Malerei entgegen, die die Wahrnehmung von Einheit und Harmonie stärken soll, etwa in Robert Delaunays „Formes Circulaires“. In Fernand Légers „Le Passage“ zerfallen Stadtbilder zwar in farbige Flächen, aber dennoch behält der Betrachter den Eindruck eines harmonischen Ganzen.
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    Abstraktes Formen- und Farbenspiel: Im Wilhelm-Hack-Museum sind Werke wie Robert Delaunays "Formes circulaires" zu sehen ebenso wie …
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    … Fernand Légers "Le passage", …
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    … August Mackes "Farbige Komposition (Hommage à Johann Sebastian Bach)" oder …
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    … Francis Picabas "L'arbre rouge".
Das Licht gilt Apollinaire als generative Kraft des Lebens und Schaffens. Eine Kraft, die dem Eindruck der fragmentierten, modernen Lebenswelt entgegenwirkt und nicht zuletzt die Farbe überhaupt erst ermöglicht.

Das Thema wird auch im breiten Vermittlungsprogramm der Ausstellung aufgegriffen. Unter anderem wird ein mobiles Lichtlabor durch die Schulen wandern und sich mittels spannender Experimente dem Thema Licht annähern. Bei der „Lichtoper“ lädt das Museum zu einer kreativen Auseinandersetzung mit Licht, Klang, Farbe, Rhythmus und Sprache ein. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Künstlern sollen so eigene Licht-Klang-Kompositionen entwickelt werden, die an Lichterfesten wie Diwali oder Channuka aufgeführt werden. ‹


Stimme des Lichts — Delaunay, Apollinaire und der Orphismus
01. Dezember 2017 bis 02. April 2018
Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen
www.wilhelmhack.museum

Wilhelm-Hack-Museum

Wahrzeichen des Wilhelm-Hack-Museums ist seine Keramikfassade, die Joan Miró 1980 gestaltete. Heute gilt das Haus als das wichtigste Museum für die Kunst des 20. und 21.Jahrhunderts in Rheinland-Pfalz. Seine Schwerpunkte liegen auf der Klassischen Moderne, aber auch auf der konstruktiv-konkreten Kunst nach 1945. Profilierte Sonderausstellungen, Workshops und ein breit gefächertes Veranstaltungsprogramm machen das Museum zu einem kulturellen Zentrum von Ludwigshafen.
AdresseWilhelm-Hack-Museum // Berliner Straße 23 // 67059 Ludwigshafen // Telefon 0621 5043045 // E-Mail: hackmuseum@ludwigshafen.de
ÖffnungszeitenDienstag, Mittwoch & Freitag 11–18 Uhr // Donnerstag 11–20 Uhr // Samstag, Sonntag & Feiertage 10–18 Uhr
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