BUGA 23

„Eine Form der Erfrischung“

› Herr Koch, was verbinden Sie persönlich mit dem Thema „Bundesgartenschau“?
Ich erinnere mich persönlich vor allem an eine Landesgartenschau in meiner Jugend in Weil am Rhein. Damals habe ich es als etwas Besonderes wahrgenommen, dass so viele Leute zusammenkamen. Hier in Mannheim kenne ich natürlich die Schillertage, für die Menschen aus aller Welt zusammenkommen. Das ist immer eine sehr besondere Zeit mit vielen Begegnungen, die ich sehr schätze. Deshalb freue ich mich auf diese Festivalstimmung bei der Bundesgartenschau. Es werden viele Leute aus dem ganzen Land erwartet.

Waren Sie denn schon vor Ort auf dem BUGA-Gelände?
Ja, das Spinelli-Gelände habe ich besucht und mir dort angeschaut, wo die Bühnen aufgebaut werden. Und wenn man sich alles bei sonnigem Wetter vorstellt, dann kommt wirklich Vorfreude auf. Mir wurden außerdem schon die Entwürfe für die Bühnen gezeigt und eine Sonnensimulation, also wie sich das Spiel von Licht und Schatten über einen BUGA-Tag hinweg entwickeln wird. Open-Air-Veranstaltungen haben für mich ein besonderes Flair. So eingebettet in Natur stelle ich mir das schön vor, ich mag ohnehin die Verbindung von Kultur und Natur.

In Ihrem Programm wird Rainer Maria Rilke eine Rolle spielen. Wie kam es dazu?
Das Grundkonzept kam relativ schnell zustande. Fabian Burstein, der das Kulturprogramm kuratiert, kam auf mich zu, weil wir uns aus einer früheren Zusammenarbeit bereits kannten. Wir haben uns zusammengesetzt und sind auf Rilke gekommen. Zum einen weil Rilke im ganzen Land bekannt und beliebt ist, zum anderen weil ich sein Werk sehr schätze, es aber auch herausfordernd finde. Nicht nur seine Gedichte, die so populär sind, sondern auch seine Briefwechsel haben es mir angetan. Außerdem kam Rilke zuletzt in einem unerwarteten Zusammenhang zu mir: Im Sommer gehe ich auf Tour mit meinem Programm „Schwerelos — Wie das Leben leichter wird“. Ich habe im Vorfeld eine Social-Media-Umfrage gemacht, was die Menschen schwerelos werden lässt und was ihnen Leichtigkeit schenkt. Interessanterweise haben einige Menschen angegeben, dass sie beim Lesen und Hören von Rilkes Gedichten ein Gefühl von Leichtigkeit überkommt.

Was schätzen Sie persönlich an Rilke?
Viele seiner Gedichte empfinde ich als nicht einfach zugänglich. Es gibt Passagen, die ich noch nicht durchdrungen habe. Bei denen ich kämpfe und dränge: Was will er uns damit sagen? Aber auch: Woher holt er diesen Fantasiereichtum? Doch gleichzeitig ist es genau das, was ich an den Gedichten schätze. Es ist schön, wenn man Kunst nicht gleich Erklär-Bär-mäßig, plakativ serviert bekommt, sondern ein Künstler auch herausfordert. Außerdem haben Rilkes Texte immer etwas Musikalisches. Man merkt, dass er ein Verständnis für Rhythmus hat. Deswegen wird in dem Programm auch Musik eine wichtige Rolle spielen.

Das Publikum, das die Bundesgartenschau besucht, ist breitgefächert. Es wird Kulturinteressierte oder Fans geben, die speziell zu Ihrem Programm kommen, aber auch Leute, die einen schönen Tag auf der BUGA 23 verbringen wollen und zufällig dazustoßen. Rilke ist da, wie Sie selbst sagen, nicht leicht zugänglich. Wie möchten Sie diese Herausforderung meistern?
Uns ist klar, dass es quasi Laufkundschaft geben wird, die nicht wegen Rilke oder Samuel Koch kommt. Es wird mit Sicherheit eine Herausforderung, aber eben auch eine Chance sein, die ich derzeit mit dem Musikensemble auslote. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir positiv überraschen können. Momentan stecken wir noch mitten im kreativen Prozess und sind auf Entdeckungsreise. Grundsätzlich glauben wir aber an die Schönheit in der Reduktion. Denn ich bin der Meinung, die Rilke-Texte und die Musik in Kombination mit eigenen Texten und Gedanken können so ein Programm tragen.

Neben Rilke werden Sie also auch eigene Texte vorlesen. Macht das einen Unterschied für Sie?
Ehrlich gesagt war ich überrascht, dass es von Seiten der BUGA 23 auch Interesse an meinen eigenen Texten gab. Ich habe mich natürlich gefreut, aber mich auch gefragt, inwiefern sie neben den Rilke-Texten bestehen können. Auch die Kombination von fremden und eigenen Texten ist neu für mich. Entweder bin ich als Schauspieler auf der Bühne und verkörpere die Texte, Gedanken und die Figuren anderer. Oder ich trete mit eigenem Programm auf. Ich muss noch herausfinden, wie es sich anfühlt, beides zu tun.

Sie haben vorhin die Verbindung von Kultur und Natur als reizvoll bezeichnet. Zur Kultur haben Sie jetzt schon einiges erzählt, was ist Ihr persönlicher Bezug zur Natur?
Also abgesehen davon, dass ich extrem gerne in der Natur bin, ist sie für mich gar nicht so weit entfernt von Kunst und Kultur. Wenn ich ein einfaches Blatt betrachte und mir dessen gewahr werde, dass keines dem anderen gleicht, dann ist das für mich auch Kunst. Und wenn ich mir all die Prozesse vor Augen führe — sei es die Fotosynthese oder die Gewalt der Ozeane –, dann werde ich ehrfürchtig. Nicht zu vergessen sind wir selbst als Menschen ja auch ein Naturphänomen. Es ist unglaublich, welche Prozesse zum Beispiel im Körper ablaufen, wenn jemand Geige spielt. Kurzum: Die Resonanzerfahrungen, die ich draußen in der Natur machen kann, wenn ich mich mit offenen Augen, Ohren und offenem Herzen auf sie einlasse, die kann ich auch in der Kultur machen — bei einem Ballettstück, einem Konzert oder eben beim Lesen eines Rilke-Textes.

Was wäre denn Ihre Traumvorstellung, wie sollen die Menschen Ihre Inszenierung verlassen?
In erster Linie beglückt und beseelt. Ich würde mir ferner wünschen, denen, die selten oder vielleicht auch nie von Rilke gehört haben, ein Fenster zu öffnen. Durch dieses Fenster soll Licht einfallen, frische Luft einströmen und ein Perspektivwechsel möglich sein. Das Ganze soll eine Form der Erfrischung werden. ‹

Samuel Koch liest Rilke, 24. & 25. August 2023 sowie 19. & 20. September 2023, BUGA 23 — Spinelli-Gelände

BUGA 23
Spinelli-Park, Luisenpark, 14. April bis 08. Oktober 2023
buga23.de

Info! Während der gesamten Laufzeit gibt es auf dem Spinelli-Gelände und im Luisenpark ein vielfältiges Kulturprogramm unter dem Motto „Lebenskunst“. Einen Überblick finden Sie im Veranstaltungskalender auf der Website. Alle Kulturveranstaltungen sowie die Seilbahnfahrten zwischen den Locations sind im Eintrittspreis inbegriffen.
Bildnachweis:
Jürgen Tap

BUGA 23

Die Bundesgartenschau Mannheim, kurz BUGA 23, hat ein klares Ziel: Sie will die nachhaltigste BUGA aller Zeiten werden. Neben attraktiven Blumenschauen und Gartenlandschaften stehen Umwelt- und Klimaschutz, ressourcenschonende Energiegewinnung und nachhaltige Nahrungsmittelsicherung im Fokus der Ausstellungen und Events. Die BUGA 23 möchte Lösungen aufzeigen und schafft Raum zum Experimentieren und Forschen. Das Veranstaltungsprogramm „Lebenskunst“ wird zusammen mit der regionale Kunstszene gestaltet und widmet sich ebenfalls den Kernthemen.
TerminFR 14. April bis SO 08. Oktober 2023
AdresseSpinelliplatz 4 // Gebäude 1585 // 68259 Mannheim

Telefon: 0621 293-2023
E-Mail: buga2023@mannheim.de
Öffnungszeiten14. April - 08. Oktober 2023
SpielorteSpinelli-Park, Luisenpark
facebooktwitterg+Mail