Geist Heidelberg

„Vom Guten kann man nie genug haben“

› Heute gibt es in fast jeder Zeitschrift Rubriken, in denen Forschungsergebnisse auf populärwissenschaftliche Weise erklärt werden. Warum sind Wissenschaftsfestivals wie „Geist Heidelberg“ dennoch wichtig?
Vom Guten kann man nie genug haben. Zumal die Corona-Krise gezeigt hat, wie beschränkt die Online-Begegnung der Menschen ist. Und gerade bei einer so sensiblen Frage, wie Menschen der Welt und ihren Herausforderungen begegnen können, braucht es die Besten, die Auskunft geben, die das Gespräch anbieten und die nötigen Debatten führen. Bei „Geist Heidelberg“ kommt die Öffentlichkeit mit den ganz Großen zusammen, um die drängenden Fragen unserer Zeit zu besprechen.
  • geist heidelberg international science festival jakob Köllhofer
    Leitet seit 1977 das Deutsch-Amerikanische Institut (DAI) in Heidelberg: Jakob J. Köllhofer (Foto: Sarina Chamatova)
Während der Corona-Pandemie hat sich die Wahrnehmung und Präsenz der Wissenschaft verändert. Virolog*innen waren zeitweise die wichtigsten Ansprechpartner*innen, aber auch Zielscheiben. Werden Sie auf dieses Phänomen bei der diesjährigen Ausgabe von „Geist Heidelberg“ eingehen?
Das Festival hat in diesem Jahr die Wissenschaft selbst zum Schwerpunkt. Es wird zu klären sein, was wir als Öffentlichkeit von der Wissenschaft erwarten und warum sie die beste Quelle für nachhaltiges Handeln ist. Wissenschaft ist eben keine Religion. Dennoch ist wissenschaftsbasiertes Wissen das Einzige, was uns weiterhilft. Bei strittigen Themen zeigt die Wissenschaft, wie man zu fairen Aussagen kommt. Dafür laden wir die Besten nach Heidelberg ein. Denken Sie nicht nur an Nobelpreisträger*innen — es sind die internationalen Größen wie die Biochemikerin Katalin Karikó zur mRNA, also der Boten-Ribonukleinsäure, auf der zwei Covid-19-Impfstoffe basieren, oder der Experimentalpsychologe Steven Pinker zu „Mehr Rationalität“, die hier für mehr Klarheit sorgen werden.

Das Festival findet wieder inmitten der Pandemie statt, mit der Sorge im Kopf, dass es einen weiteren Lockdown geben könnte. Wie gehen Sie damit um?
Wir setzen voll auf Präsenz, haben aber den Lockdown auch optimal genutzt und unseren Veranstaltungssaal technisch so ausgestattet, dass unser Programm parallel auch ins Digitale übertragen werden kann. So konnten wir bereits in den vergangenen Monaten eine enorme Reichweite generieren. Über zahlreiche Livestreams kann die ganze Welt an unseren Veranstaltungen teilnehmen.
  • geist heidelberg international science festival Audrey Dussutour
    Frauen im Fokus – zu Gast sind unter anderem die franzöische Biologin Audrey Dussutour (Foto: David Villa) …
  • geist heidelberg international science festival Eva Illouz
    … die marokkanisch-französische­ Soziologin Eva Illouz (Foto: Kobi Wolf) sowie …
  • geist heidelberg international science festival Katalin­ Karikó
    … die ungarische Biochemikerin Katalin­ Karikó.
Zu Gast sind jedes Jahr Expert*innen aus verschiedensten Fachrichtungen. Nach welchen Kriterien wählen Sie diese aus?
Natürlich widmen wir uns zunächst den drängendsten Fragen, aber generell ist es die Aufklärung, der wir dienen wollen. Schlüsselforschungen begleiten wir seit Jahren und halten die Öffentlichkeit auf dem Laufenden. Wie steht es um den Wettlauf beim Quantencomputer? Welche Rolle spielt das Verhältnis des Menschen zum Tier — bei der Übertragung von Krankheiten, bei der Diversität oder bei Fragen der Abstammung? Darüber hinaus befassen wir uns mit der Kosmologie und ihren bis heute ungelösten Rätseln. In diesem Jahr kommen wieder einige namhafte Kosmolog*innen wie etwa die Britin Dame Jocelyn Bell Burnell, die als Erste das Signal eines Pulsars entdeckte.

Haben Sie persönliche Highlights oder Favoriten, die man auf keinen Fall verpassen darf?
Es sind einfach zu viele Highlights, um ein einzelnes herauszugreifen. Viele Gäste kommen zum ersten Mal nach Heidelberg, andere begleiten uns seit Beginn des Festivals. Ich freue mich ganz besonders auf die Soziologin und Emotionsforscherin Eva Illouz von der Hebräischen Universität Jerusalem, den britisch-amerikanischen Biochemiker und Molekularbiologen Richard Roberts, den Ethiker und Tierarzt Charles Foster von der Oxford University, den Chemiker und „Werkzeugmacher“ der Energiewende Robert Schlögl, den Primatologen Frans de Waal von der Emory University in Atlanta, aber natürlich auch auf den Philosophen und Philosophiehistoriker Kurt Flasch oder die erwähnte Dame Jocelyn Bell Burnell.

Gibt es ein Motto, das das diesjährige „Geist Heidelberg“ auf den Punkt bringt?
Die „Wissen-schaf(f)t-Stadt Heidelberg“ muss für die Öffentlichkeit Antworten finden, was Wissenschaft kann und was sie nicht kann. Diesem Ziel dienen wir. Das Motto lautet daher „Aufklärung 2021“. ‹

Jakob J. Köllhofer – hat in Freiburg und Großbritannien studiert. Seit 1977 leitet er das 1946 gegründete Deutsch-Amerikanische Institut (DAI) in Heidelberg. Für seine Verdienste um Bildung und Kultur zeichnete ihn die Stadt Heidelberg 2016 mit der Bürgermedaille aus.


Geist Heidelberg 2021 — International Science Festival
Ein Jahrzehnt voller Wissenschaft
05. Oktober bis 19. Dezember 2021
DAI Heidelberg, Neue Aula der Uni Heidelberg, Livestream
www.geist-heidelberg.de

Geist Heidelberg – International ­Science Festival

Das International Science Festival — Geist Heidelberg ist die europäische Antwort auf das New Yorker World Science Festival. Es richtet sich an die breite Öffentlichkeit und bringt alljährlich Spitzenkräfte der nationalen und internationalen Forschung nach Heidelberg. Im Verlauf von mehreren Wochen diskutieren renommierte Wissenschaftler, bekannte Autoren und Vertreter anerkannter Institutionen mit einem Publikum aus interessierten Laien und Experten die drängenden Fragen unserer Zeit. Das Festival steht für wissenschaftliche Aufklärung und Bildung, die Vielfalt der Forschung und eine demokratisch engagierte Gesellschaft.
TerminDI 05. Oktober bis SO 19. Dezember 2021
AdresseDAI Heidelberg – Das Haus der Kultur // Sofienstraße 12 // 69115 Heidelberg // Tel.: +49 (0) 6221 60730
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