Reiss-Engelhorn-Museen

Swag für den Reformator

› Martin Luther ist 34 Jahre und in der Reformbewegung schon ein alter Mann, als ihn Augustinermönche 1518 zur berühmten Heidelberger Disputation einbestellen. Ein besonderer Moment, denn die Universitätsstadt am Neckar ist die erste Stadt, die der Kirchenrebell nach der Veröffentlichung seiner 95 Thesen besucht. Als er seine Glaubensgrundsätze verteidigt, sitzen Studenten und Magister im Auditorium, unter ihnen auch der Elsässer Martin Bucer sowie die beiden Schwaben Johannes Brenz und Erhard Schnepf. Alle drei werden später zu bedeutenden Erneuerern. „Gerade die Generation dieser jungen Reformatoren löst eine starke Dynamik aus“, erklärt Viola Skiba, Mitglied des Kuratoren-Teams in den Reiss-Engelhorn-Museen. „Es ist gleichsam hip, sich der Avantgarde anzuschließen.“

Street Art meets Reformation

Den frischen Wind, der damals durch Gassen, Kirchen und Paläste fegte, möchten Skiba und ihre Kuratorenteamkollegen konsequenterweise ebenfalls frech und jung mit Street Art präsentieren. Porträts von Reformatoren werden scherenschnittartig verfremdet und mit Steckbriefen versehen. Aus dem Off dringen fiktive Marktgespräche in moderner Sprache. Sie vermitteln eine Vorstellung von den damaligen Lebenswelten. „Die einfachen Menschen konnten nicht selbst über die Frage bestimmen, welcher Konfession sie angehören wollen“, betont Skiba. Der Glaube ist im 16. Jahrhundert weniger eine Frage individueller Entscheidung als das Ergebnis politischer und gesellschaftlicher Prozesse.
  • Reformation reiss engelhorn museen Philipp Melanchthon
    Drei der großen Reformatoren: Martin Luthers Wittenberger Weggefährte Philipp Melanchthon, …
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    … sein franzöischer Kollege Johannes Calvin und …
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    … Martin Bucer, der Reformator der Reformator Straßburgs und des Elsass.
Während dies aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbar ist, lassen sich in anderen Bereichen durchaus Parallelen zur Gegenwart ziehen. Damals wie heute verändert eine Medienrevolution den Alltag. Ist es in unserer Zeit die digitale Kommunikation, so war es vor mehr als 500 Jahren Johannes Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks, die die Welt auf den Kopf stellte. Für die reformhungrige Avantgarde hat sie eine Schubwirkung, denn Schriften, Pamphlete und Karikaturen können nun in kürzester Zeit und in großer Zahl verbreitet werden. Diese Themen, aber auch die wechselvolle Geschichte der Städte und Territorien im Südwesten schildert die Ausstellung „REFORMATION!“ anschaulich. Als Partner kooperieren die evangelischen Landeskirchen in Baden und Württemberg.

Ein Kapitel widmet sich der damals einsetzenden Flüchtlingswelle von religiös Verfolgten. Protestantische Künstler aus den Niederlanden lassen sich zum Beispiel in Frankenthal nieder und begründen dort eine eigene Malschule. Die Schau macht deutlich: Reformation ist kein langweiliges Thema, sondern kommt häufig sehr nahe an unser Leben heute heran. ‹


REFORMATION! Der Südwesten und Europa
29. Oktober 2017 bis 02. April 2018
Reiss-Engelhorn-Museen
www.rem-mannheim.de
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