Reiss-Engelhorn-Museen

Drache im Aufwind

› Sie erzählen besondere Geschichten. Die Überreste aus Schiffswracks genauso wie das goldene, fünf Kilogramm schwere Drachensiegel von Kaiser Minh Mang oder der Bootssarg, mit dem ein militärischer Anführer seine letzte Reise antrat. Dessen Grabbeigaben wie Speere, Äxte und Beile sind Beispiele für den Reichtum und das handwerkliche Können der Jahrtausende alten Kulturen, die sich zwischen dem Delta des Roten Flusses im Norden und dem Mekong im Süden entwickelten. Sie erzählen besondere Geschichten — aus Vietnam.

Fabelwesen und Bronzetrommeln

Die mehr als 250 Exponate, die die Reiss-Engelhorn-Museen in diesem Herbst und Winter präsentieren, reflektieren eine bewegte Vergangenheit. Bewundern lassen sich in den Ausstellungsvitrinen prunkvolle Zepter aus Jade, aber auch geheimnisvolle Fabelwesen aus Terrakotta und riesige Bronzetrommeln. „Ein Großteil der Funde ist noch nie in Europa zu sehen gewesen“, betont Dr. Sarah Nelly Friedland, Mitarbeiterin an den Reiss-Engelhorn-Museen. „Das liegt auch daran, dass die Archäologie in Vietnam relativ jung ist. Erst in den vergangenen 60 Jahren hat ein regelrechter Boom begonnen.“ Kein Land in Südostasien hat in dieser Zeit mehr Ausgrabungen durchgeführt und Museen gebaut als Vietnam.
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    Schätze aus Fernost: Die Ausstellung zeigt filigrane Arbeiten wie diese Phönixfigur aus Terrakotta, die zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert entstand, und auch …
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    … frühgeschichtliche Artefakte wie diese Bronzetrommel aus der Dong-Son-Kultur, die zwischen dem 8.Jahrhundert vor Christi und dem 2. Jahrhundert nach Christi existierte.
Dafür gibt es mehrere Gründe: Einerseits wird die historische Feldforschung im Land der Drachen und Pagoden finanziell besser gefördert als in den Nachbarländern, andererseits wird extrem viel gebaut, weil die Bevölkerung Vietnams wächst und wächst. Ein Nebeneffekt sind Zufallsfunde von historischen Kostbarkeiten im Zuge der Bauarbeiten. Diese fördern immer wieder überraschende Erkenntnisse über die Geschichte Vietnams zutage. Warum Vietnams archäologische Schätze hierzulande so wenig bekannt sind, erläutert Friedland: „Die fantastischen Neuentdeckungen blieben im Land, anders als etwa bei ägyptischen Objekten, die bereits im 19. Jahrhundert nach Europa gebracht wurden.“

Handwerkliche Meisterleistungen

Das spektakuläre Bootsgrab von Viet Khe etwa wurde 1961 entdeckt und macht deutlich, wie groß die Ahnen- und Seelenverehrung in der Dong-Son-Kultur war. Diese existierte von etwa 800 vor Christus bis 200 nach Christus im nördlichen Vietnam und in Südchina, und markiert dort den Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit. Ebenfalls aus dieser Epoche überliefert sind Trommeln aus Bronze, handwerkliche Meisterleistungen, die bis zu 200 Kilo wiegen und auf denen Boote, Pfostenbauten oder Federschmuck tragende Menschen abgebildet sind. „Vermutlich dienten sie eher rituellen Zwecken, richtige Musikinstrumente sind es nicht“, erläutert die Archäologin.

Doch es gibt noch wesentlich mehr zu bestaunen: Die Ausstellung vereint Entdeckungen, die an mehr als 40 Fundstellen zusammengetragen wurden, darunter auch etliche Nationalheiligtümer und Exponate aus UNESCO-Weltkulturerbe-Stätten wie der hinduistischen Tempelstadt My Son und dem Kaiserpalast Thang Long in der Hauptstadt Hanoi. ‹


Schätze der Archäologie Vietnams
Reiss-Engelhorn-Museen
16. September 2017 bis 07. Januar 2018
www.rem-mannheim.de
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