ZEPHYR – Raum für Fotografie

Der andere Blick

Flughafen Frankfurt: 74 Kilometer sind es von Mannheim bis hierher. 51 Minuten ist man mit dem Auto laut Routenplaner unterwegs, zu einem der größten Umschlagplätze der Welt für Güter, Touristen, Geschäftsleute — und Gefangene der US-Regierung. Terrorverdächtige, die man von hier aus in geheime Foltercamps brachte. Der britische Fotograf Edmund Clark dokumentierte in seiner Ausstellung, die er im vergangenen Jahr bei ZEPHYR zeigte, die dunkle Seite des US-Militärs mit einer solchen Nüchternheit, dass es geradezu wehtat. „Terror Incognitus“ war damit eine Schau von geradezu tagesaktueller Brisanz. Wie so oft bei ZEPHYR, dem Raum für Fotografie der Reiss-Engelhorn- Museen, der seit 2005 zeitgenössischen Künstlern eine Bühne gibt — und damit Kritischem und Kontroversem.

„Wir machen gern Entdeckungen“, sagt die kuratorische Assistenz Sylvia Ballhause. So ist es in der Tat: 2005 war der Kunstraum mit Arbeiten von Ori Gersht eröffnet worden, dessen Werke kürzlich das Getty Museum in Los Angeles angekauft hat. Die junge Londoner Fotografin Esther Teichmann stellte hier zum ersten Mal in einem Museum aus. Zuvor hatte Ausstellungsleiter Thomas Schirmböck ihr Werk jahrelang beobachtet. Fotografen wie Edmund Clark oder Martin Kollar bestückten ihre Ausstellungen für Schirmböck mit druckfrischen Bildern. Seinen Netzwerken ist es auch zu verdanken, dass „The Look of Sound“ zustande kam, die weltweit erste große Präsentation der Fotos von Norman Seeff, einem der berühmtesten US-Porträtfotografen, der Aufnahmen von Tina Turner, den Rolling Stones oder Andy Warhol zeigte.

An welchen Orten lebt die Mafia in Italien? Wie wohnt es sich an einem Ort, der eigentlich verboten ist? Warum fotografierte Julius Shulman in den 60er-Jahren Häuser, in denen Frauen mit Dosenöffnern Gurken schneiden? Zu all diesen Fragen zeigte Schirmböck Fotografien — etwa die „Tat/Orte“ der Mafia, die Tommaso Bonaventura, Alessandro Imbriaco und Fabio Severo recherchiert hatten. Oder von Andrej Krementschouk, der im Grenzgebiet von Tschernobyl unterwegs war. Mit Julius Shulman hatte Schirmböck den Nachlass eines bedeutenden Architektur- fotografen aufgearbeitet. Das Überraschende: Erstmals waren seine Fotos nicht mehr als reine Illustrationsbilder für Architekten zu sehen, sondern als eigenständige Kunstwerke. Und als Zugabe gibt es zu jeder Schau Editionen — in kleinen Auflagen und zu einem fairen Preis.


Aktuelle Ausstellung: Peter Gowland‘s Girls
verlängert bis 01. 05. 2017

ZEPHYR – Raum für Fotografie

ZEPHYR — Raum für Fotografie ist einer der wenigen öffentlichen Ausstellungsräume für zeitgenössische Fotografie in Deutschland. Seit 2005 realisiert ZEPHYR ein vielseitiges Programm internationaler Gegenwartskunst in zahlreichen Einzel-, Gruppen sowie Themenschauen. Seit 2010 befinden sich die Ausstellungsräume von ZEPHYR im ersten Obergeschoss des Museums Bassermannhaus in Mannheim. Getragen wird ZEPHYR von den Reiss-Engelhorn-Museen, der rem gGmbH und dem Kulturamt der Stadt Mannheim.
TerminFR 03. März bis MI 31. Mai 2017
AdresseZEPHYR im Museum Bassermannhaus und Museum Peter & Traudl Engelhornhaus
C4,12
68159 Mannheim
ÖffnungszeitenDienstag bis Sonntag 11–18 Uhr
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