Kunsthalle Mannheim

Spaziergang durch die Stadt der Zukunft

Im Jahr 2008 lebten weltweit erstmals mehr Menschen in Städten als auf dem Land — im Jahr 2050 werden es bereits 68 Prozent der Gesamtbevölkerung sein. Wie malen wir uns vor diesem Hintergrund die Zukunft in der Stadt aus? Wie kann ein solidarisches Zusammenleben aussehen? Diese Fragen bilden den Ausgangspunkt für das Projekt URBAN NATURE, für das in der Kunsthalle Mannheim eine Welt aus verschiedensten Stadträumen entsteht, wie ein begehbares Labyrinth.

Hinter dem Projekt steckt das Autoren-Regie-Team Rimini Protokoll, das im Jahr 2000 von Helgard Haug, Stefan Kaegi und Daniel Wetzel gegründet wurde und für seine interaktiven Inszenierungen in aller Welt bekannt ist. Die Produktion in Mannheim ist technisch und konzeptuell eine Weiterentwicklung unterschiedlicher Formate des Kollektivs und ein radikaler Gegenentwurf zum traditionellen Ausstellungswesen. „Wir schaffen damit eine ganz neue Art der Besuchserfahrung, die es an der Kunsthalle so noch nicht gegeben hat“, erklärt Johan Holten, Direktor der Kunsthalle Mannheim. „Bei dieser Produktion von Rimini Protokoll gehen Ausstellung und Theater ineinander über.“ Zuvor war URBAN NATURE in Barcelona zu sehen und wird für die Räume der Kunsthalle in Zusammenarbeit mit dem Nationaltheater Mannheim adaptiert.
  • Die Besucher*innen können die Ausstellung in kleinen Gruppen erkunden. Diese war zuvor in Barcelona zu sehen und wurde nun für die Kunsthalle Mannheim adaptiert.
  • In Video-Walks werden sie aktiv einbezogen und tauchen alle acht Minuten in eine andere Szene ein...
  • Eine Werkstatt, in der Häftlinge Klimaanlagen für einen Großkonzern produzieren ist Teil der Inszenierung.
  • Und auch eine Obdachlosenunterkunft bildet eine Station.
Das entstehende Labyrinth können die Besucher*innen in kleinen Gruppen erkunden. In Video-Walks werden sie aktiv einbezogen und tauchen alle acht Minuten in eine andere Szene ein, von der Obdachlosenunterkunft bis zum Hochhaus. „Dabei ergibt sich im Zusammenspiel eine interaktive Installation, die neue Blickwinkel eröffnet und dazu anregt, die eigene Realität aufzubrechen, und so unerwartete Erfahrungen ermöglicht“, erklärt Holten. URBAN NATURE wird so zum Brennglas gegensätzlicher Positionen und Ansätze; zum Sammelbecken paralleler, jedoch nicht direkt aufeinander bezogener Entwicklungen, die gesellschaftliche und politische Fragen zum Thema Stadtgesellschaft freilegen. Die Zuschauer*innen nehmen dabei wechselnde Perspektiven ein.

Eine Chance für das gesellschaftliche Miteinander

Im Zentrum der Stadt, dem Ausgangspunkt des Rundgangs, treffen die Besucher*innen zuerst auf Enric, einen Umwelt- und Wirtschaftshistoriker. Für ihn birgt das Teilen von kritischen Ressourcen wie Wasser, Lebensraum, aber auch von Infrastruktur eine Chance für das gesellschaftliche Miteinander im urbanen Raum. Auch die anderen Protagonist*innen berichten aus ihrer ganz persönlichen Perspektive: Eine Anlageberaterin lädt in das Büro ihrer Bank ein. Ein Gefängniswärter zeigt seine Werkstatt, in der Häftlinge Klimaanlagen für einen Großkonzern produzieren. Die Grafikdesignerin Camila erzählt, wie sie sich als alleinerziehende Mutter entschied, aus dem Werbegeschäft auszusteigen, um Cannabis in ihrer Wohnung anzupflanzen. Und die junge Leyla beschreibt die Ängste ihrer Mutter im Stadtraum und hinterfragt die Gefahren und Hindernisse im Alltag: „Ich frage mich, warum die Erwachsenen eine Stadt erschaffen haben, die für ihre eigenen Kinder zu gefährlich ist?“ Nach etwa einer Stunde ist der Spaziergang durchs Museum beendet, der Dialog über das Zusammenleben kann dann jedoch erst richtig beginnen. ‹


URBAN NATURE
15. Juli bis 16. Oktober 2022
Kunsthalle Mannheim
www.kuma.art
Bildnachweis:
CCCB, Exhibition Images, Photo Alice Brazzit und Martin E. Berenguer

Kunsthalle Mannheim

Die Kunsthalle Mannheim zählt mit ihren Spitzenwerken von Edouard Manet bis Francis Bacon und ihrem Skulpturenschwerpunkt zu den renommiertesten Sammlungen von deutscher und internationaler Kunst der Moderne und der Gegenwart. Hochkarätige Sonderschauen internationaler zeitgenössischer Kunst vervollständigen das Ausstellungsprogramm. Gezeigt werden sie im Kerngebäude, dem imposanten, frisch sanierten Jugendstilbau von Hermann Billing aus dem Jahre 1907. Bis 2017 entsteht außerdem ein zukunftsweisender Neubau, der die Ausstellungsfläche um rund 1.300 Quadratmetern erweitert.
TerminFR 15. Juli bis SO 16. Oktober 2022
AdresseKunsthalle Mannheim // Friedrichplatz 4 // 68165 Mannheim // Tel. 0621 293 6413 // kunsthalle@mannheim.de
ÖffnungszeitenDienstag bis Sonntag 10–18 Uhr, Mittwoch 10–20 Uhr, 1. Mittwoch im Monat 18-22 Uhr (freier Eintritt)
facebooktwitterg+Mail