José Rizal

Die Feder als Waffe

Die Philippinen, das sind 7.641 Inseln mit mehr als 100 Sprachen — ein riesiges Reservoir an Brauchtümern und Kulturschätzen. Bei der Frankfurter Buchmesse steht der Inselstaat in diesem Jahr als Gastland im Mittelpunkt. Eine Figur darf da nicht fehlen: Der Mediziner, Dichter, (Vor-)Denker José Rizal, der heute als Nationalheld verehrt wird und im 19. Jahrhundert für die kulturelle Identität seiner Heimat kämpfte. „Die Regierung in Manila hat in den 1950er-Jahren ein Lex Rizal verabschiedet, in dem Schulen verpflichtet werden, ihre Schüler und Schülerinnen die Romane von Rizal lesen zu lassen“, erklärt Dietrich Harth, emeritierter Germanistik-Professor an der Universität Heidelberg und Rizal-Biograf.

Von den Philippinen nach Heidelberg

In seinem rund 500-seitigen Werk „José Rizals Kampf um Leben und Tod“ folgt Harth ihm auf seinem Weg rund um die Welt. Seine Reisen führen ihn nach Japan und in die USA, für sein Studium siedelt er nach Europa über und kommt auch hier in die Region. In Heidelberg erinnern zwei Gedenktafeln in der Altstadt sowie das nach ihm benannte Neckarufer an Rizal. In der Odenwald-Gemeinde Wilhelmsfeld ist ihm ein eigener Park samt lebensgroßer Bronzestatue (Foto) gewidmet. Hierhin pilgern jedes Jahr Landsleute und andere Verehrer*innen, vor allem am Geburtstag und Todestag Rizals.

Als Rizal 1861 in seiner Heimatstadt Calamba City geboren wird, stehen die Philippinen unter spanischer Kolonialherrschaft. In einer Klosterschule kommt der junge Rizal mit der europäischen Kultur in Berührung, sieht sich aber zugleich der Diskriminierung durch die Kolonialherren ausgesetzt. Zu dieser Zeit schreibt er erste Texte. Da seiner Mutter die Erblindung droht, entschließt er sich dazu, Arzt zu werden, und zieht 1882 nach Madrid. Zwei Jahre später beendet er hier sein Medizinstudium sowie ein Zweitstudium an der Philosophischen Fakultät.

Umzug in den Odenwald

Im Jahr 1886 kommt der angehende Mediziner für seine Ausbildung in Augenheilkunde nach Heidelberg. In dem Gedicht „An die Blumen von Heidelberg“ huldigt er einerseits der schönen Landschaft mit Königstuhl, Neckar und Schloss, andererseits zeugen die Verse von Heimweh. So erweist sich die Begegnung mit dem Wilhelmsfelder Pfarrer Karl Ullmer auf einem Spaziergang als glückliche Fügung. Neben der Aussicht, günstig im Pfarrhaus unterzukommen, lockt ihn der Familienanschluss und so zieht er in den Odenwald.

Im Wilhelmsfelder Pfarrhaus vollendet Rizal seinen berühmten ersten Roman „Noli me tangere“, eine Satire auf die spanische Kolonialherrschaft. 1891 verfasst er mit „El Filibusterismo“ eine Fortsetzung, die die Kritik verschärft. Unter anderem wegen seiner Romane wird Rizal nach seiner Rückkehr auf die Philippinen in die Verbannung geschickt, später verhaftet und zum Tode verurteilt. „Dabei lehnte er jede Gewalt ab“, sagt Harth. „Die Feder und das geschriebene Wort waren seine Waffe.“

Auf die Zwischentöne kommt es an

Auch wenn Rizal heute überall auf der Welt als philippinischer Nationalheld gefeiert wird, sind es für Dietrich Harth die Zwischentöne, die ihn für Rizal einnehmen. Besonders der Briefwechsel mit dem böhmischen Gelehrten Ferdinand Blumentritt zeugt von Rizals weltgewandtem und feinsinnigem Geist. „Die Romane sind durchaus lesenswert, wenn sie auch etwas Geduld erfordern.“ Wer in die Biografie eintauchen und die Spuren in der Region verfolgen möchte, dem empfiehlt Harth den Roman „Wilhelm Tell in Manila“ der Schweizer Schriftstellerin Annette Hug, die dafür vor Ort recherchierte.

TIPP!
Themenabend „José Rizal“
im Rahmen der Sonderausstellung „Pieces of Life — Die Philippinen-Sammlung der von-Portheim-Stiftung“
28.09.2025
Völkerkundemuseum Heidelberg
www.vkm-vpst.de
Bildnachweis:
© Gemeinde Wilhelmsfeld / Fotostudio Kissel
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