Nibelungen-Festspiele

Luther — eine Heldengeschichte?

› „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders“ — es sind Martin Luthers berühmteste Worte, auch wenn sie der Reformator auf dem Reichstag zu Worms 1521 nach Stand der Forschung gar nicht gesagt hat. Gesichert ist jedoch, dass er sich weigerte, seine Lehren vor Kaiser Karl und dem päpstlichen Legaten Aleander zurückzunehmen. 2021 jährt sich die Widerrufsverweigerung zum 500. Mal. Aus diesem Grund steht im kommenden Jahr nicht die Geschichte der Nibelungen im Zentrum der Wormser Festspiele, sondern der Reformator Martin Luther.

Inszenierung am historischen Schauplatz

Das Festival begeht das Jubiläumsjahr mit einem außerordentlichen Stück, das vom Georg-Büchner-Preisträger Lukas Bärfuss geschrieben wurde und vor dem Wormser Dom uraufgeführt wird, an jenem historischen Ort, an dem Luther vor Kaiser und Reich stand. Damit werden die Nibelungen-Festspiele im Wormser Lutherjahr zum zentralen inhaltlichen Ankerpunkt der Gesamtfeierlichkeiten und einmal mehr zum theatralen Großereignis.
  • nibelungen festspiele lukas bärfuss luther

„Luther gehört zu den ersten Meistern dieser neuen Form der Öffentlichkeit.“

Lukas Bärfuss

Mit dem Schweizer Schriftsteller und Dramatiker Bärfuss konnte ein renommierter Autor für das Luther-Stück gewonnen werden. Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung zeichnete ihn 2019 mit dem Georg-Büchner-Preis als einen herausragenden Erzähler und Dramatiker der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur aus.Bärfuss hinterfragt in seinem Stück die Heldengeschichte, die mit Luthers Rede vor dem Wormser Reichstag verbunden wird. „Ich sehe zuerst das Leid, das durch das Schisma verursacht wurde in all den Jahrhunderten danach — bis heute“, betont der Schriftsteller.

Luther und der Populismus

Ihn interessiere Luthers Rhetorik, seine Eskalationsdramaturgie. „Warum die Vulgarität, warum seine literarischen Gewaltexzesse? Weil es seiner Sache diente? Vielleicht. Bestimmt aber, weil es dem Medium diente, der brandneuen Form der Flugschriften“, ist sich Bärfuss sicher und stellt einen Bezug zur Gegenwart her. „Wenn wir heute vom Populismus sprechen, dann lassen wir häufig unerwähnt, dass seine Geschichte in der Moderne mit einer Medienrevolution beginnt und dass das, was wir heute unter dem Begriff Öffentlichkeit kennen, damals erst erfunden wurde. Und Luther gehört zu den ersten Meistern dieser neuen Form der Öffentlichkeit.“ Diese Aspekte möchte der Autor im Stück untersuchen und die Wirkung Luthers geschichtlich bis ins Heute verfolgen — im Guten wie im Schlechten.

Man darf gespannt sein, denn Bärfuss gilt als Seismograf aktueller, gesellschaftlicher Themen. Er tritt immer wieder mit pointierten Essays und Debattenbeiträgen zum politischen Geschehen an die Öffentlichkeit. Gleichzeitig ist er einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Theaterautoren. Seine Theaterstücke wurden in rund ein Dutzend Sprachen übersetzt und werden weltweit gespielt. ‹


Nibelungen-Festspiele: Luther
16. Juli bis 01. August 2021
Wormser Dom
www.nibelungenfestspiele.de
Bildnachweis:
Bernward Bertram (Bühne), Lea Meienberg (Lukas Bärfuss)

Nibelungen-Festspiele

Seit 2002 finden die Nibelungen-Festspiele jährlich im Sommer als Open-Air-Theaterereignis vor dem Dom statt. Die Festspiele erreichen jährlich ein großes Publikum und bescheren der Stadt am Rhein eine hohe Aufmerksamkeit. Aber nicht nur die Aufführungen vor der Domkulisse machen die Festspiele zu einem einmaligen Kulturereignis: Auch das hochwertige Rahmenprogramm sowie der Heylshofpark, der zu Deutschlands schönsten Theaterfoyers zählt, lockt jedes Mal zahlreiche Besucher.
TerminFR 16. Juli bis SO 01. August 2021
AdresseNibelungen-Festspiele Worms // Von-Steuben-Straße 5 // 67549 Worms
SpielorteKaiserdom, Worms
facebooktwitterg+Mail