Cinema Quadrat

Jenseits von Netflix

Es wäre leicht, in diesen Zeiten einen Abgesang auf das Kino anzustimmen. Vormalige Leinwandenthusiasten binge-watchen heute ausschließlich Serien auf dem heimischen Sofa, heißt es immer wieder. Und spätestens seit „Netflix and Chill“ scheinen schummrige Kinosäle auch als Ort der romantischen Zweisamkeit ihre Daseinsberechtigung verloren zu haben.

Wer Beweise für die Gegenthese sucht, wird im Mannheimer Cinema Quadrat fündig. Vor fast 50 Jahren aus dem Geist der 68er geboren, ist das kommunale Kino bis heute ein Ort, an dem sich die nostalgische Liebe für surrende Filmrollen mit dem Gespür für avantgardistische Kunst vereint. Hier werden Schätze der Filmgeschichte neu entdeckt und zukunftsweisende Streifen oft unbekannter Künstler*innen erstmals gezeigt. Zu klein, zu abseitig oder zu anspruchsvoll sind bei der Programmplanung keine gültigen Argumente. Hauptsache, die Qualität stimmt.

Über das Programm wird demokratisch entschieden

Möglich macht diese Freiheit die städtische Förderung als kommunales Kino — und die Organisationsstruktur als Verein. Rund 500 Mitglieder hat das Cinema Quadrat. Jede und jeder davon kann theoretisch im monatlich tagenden Programmausschuss Filmwünsche einbringen, danach wird demokratisch abgestimmt. „Das ist oft erfrischend und ruft einem tolle Filme ins Gedächtnis, die man gar nicht mehr auf dem Schirm hatte“, sagt Harald Mühlbeyer, der zusammen mit Geschäftsführerin Sabine Fischer das Kernteam des Kinos bildet. In Konkurrenz zu den privaten Mannheimer Arthouse-Kinos möchte man dabei ganz bewusst nicht treten. „Wir zeigen etwa keine aktuellen Filme, die dort gerade laufen“, sagt Mühlbeyer.

Einen ausgezeichneten Ruf weit über Mannheim hinaus haben auch das Mannheimer Filmsymposium, das jährlich im Cinema Quadrat über die Bühne geht, sowie die „Mannheimer Filmseminare“. Im November wird das Cinema Quadrat zudem nach längerer Pause wieder Spielstätte des Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg.

Ein Kino mit Flair

Veränderung hat in der langen Geschichte des Cinema Quadrat schon immer eine Rolle gespielt. Die letzte große Zäsur gab es Ende vergangenen Jahres mit dem Umzug vom Collini Center ins Quadrat K1. Vor allem technisch war das ein Fortschritt. Aber trotz größerer Leinwand und besserer Ausstattung ist der wunderbar nostalgische Charme des Kinosaals geblieben. Allerdings hat die Innenstadtlage das kleine Kino offenbar stärker ins Bewusstsein der Mannheimer*innen gerückt. Die Mitgliedszahlen sind seit dem Umzug gestiegen, zudem kamen laut Mühlbeyer auch vermehrt Menschen, denen das Cinema Quadrat zuvor noch gar kein Begriff war. Inhaltlich wird es aber auch weiterhin keine Anbiederung an den kommerziellen Zeitgeist geben, wie Harald Mühlbeyer versichert: „Wir sind immer noch die Gleichen, nur an einem anderen Ort.“

Cinema Quadrat
K1/2, 68159 Mannheim
www.cinema-quadrat.de
Bildnachweis:
Cinema Quadrat, Foto – Yasin Schroeder

Cinema Quadrat

Das Cinema Quadrat wurde 1971 in Mannheim gegründet — und war damit nach Essen und Duisburg das dritte Kommunale Kino in Deutschland. Sein Angebot geht über das „Abspulen“ von Filmen hinaus. Vielmehr geht es den Macher*innen darum, dem komplexen Medium Film gerecht zu werden: in Gesprächen mit Regisseuren und Schauspielern, durch musikalische Livebegleitung von Stummfilmen, mit Workshops und Symposien. Aber auch mit der angemessenen Vorführtechnik, guten Kopien, untertitelten Originalfassungen. Getragen wird das Kino vom Cinema Quadrat e.V.
AdresseCinema Quadrat e.V. // K1, 2 // 68159 Mannheim // Telefon: 0621 21242 // E-Mail: buero@cinema-quadrat.de
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