Wunder der Prärie

Du bist Kurator!

› Graswurzelrevolution bei zeitraumexit: Das Mannheimer Kulturhaus und soziokulturelle Zentrum in der Hafenstraße macht seine Türen auf und lädt jeden ein, der möchte, diese Bühne für eigene Aktionen zu nutzen. Ein halbes Jahr lang, von November 2017 bis Juni 2018, überlässt es das zeitraumexit-Team anderen, das Veranstaltungsprogramm zu gestalten.

„Das Haus kann von Menschen bespielt werden, die wichtige Dinge zu tun und zu sagen haben — egal, ob sie ‚artfremd‘ sind oder nicht, ob mit Kunst, Kommerz, sozialem Engagement oder politischem Aktivismus“, erläutert Jan-Philipp Possmann, künstlerischer Leiter von zeitraumexit, das Vorhaben. Jeder, der sich mit einer überzeugenden Idee bewirbt, hat die Möglichkeit, diesen Ort zu nutzen. Ein Ort, an dem in den 15 Jahren seines Bestehens Wissen und Erfahrung gesammelt sowie eine Infrastruktur geschaffen wurde — eine Kultureinrichtung als Allmende.

Raum der Möglichkeiten

Der Startschuss für dieses Experiment fällt während des Festivals „Wunder der Prärie“: Bei einem Konvent, der vom 14. bis 23. September täglich stattfindet und für jeden kostenlos zugänglich ist, schreibt das Publikum gemeinsam mit einer Gruppe von Wissenschaftlern und der Künstlerin Tanja Krone ein Regelwerk. Mitveranstalter sind unter anderem die Kulturstiftung des Bundes und die Bundeszentrale für politische Bildung.

„Seit 15 Jahren ist zeitraumexit ein Raum der Möglichkeiten“, betont Possmann. „Jetzt gehen wir einen Schritt weiter und verwandeln zeitraumexit für ein halbes Jahr in eine Allmende, in ein demokratisches Gesamtkunstwerk, ein lebendiges Labor für Kultur und Mitbestimmung.“ Dabei geht es um die Frage, welchen Stellenwert Kultur für die Bürgerinnen und Bürger hat, und auch darum, welche Kultureinrichtungen die Stadt von morgen braucht.

Gegen Wahlen, für mehr Demokratie

Vorbild für das halbjährige Partizipationsprojekt ist der Bürgergipfel, den der Historiker und Politaktivist David Van Reybrouck 2011 in Brüssel veranstaltet hat. Beim sogenannten G1000 berieten ausgewählte Belgier über die Zukunft des Landes und bewiesen, dass es ihnen nicht an Ideen mangelte, sondern nur an Möglichkeiten, sie umzusetzen. Immer wieder schreibt Reybrouck in seinen Veröffentlichungen gegen postdemokratische Tendenzen an. In seinem Buch „Gegen Wahlen“ etwa erklärt er, warum Wahlen nicht automatisch Mitbestimmung bedeuten. „Angenommen, es müsste heute ein Verfahren entworfen werden“, fragt der Vordenker, „um den Volkswillen zu ergründen, wäre es dann wirklich die beste Idee, die Leute alle vier Jahre mit einer Pappkarte in der Hand an einem Wahllokal anstehen zu lassen, wo sie im Dämmerlicht der Kabine ein Kreuz in einen Kreis zeichnen dürfen?“

Ähnliche Fragestellungen lassen sich nach Meinung von zeitraumexit-Leiter Possmann auch auf die kulturpolitischen Debatten übertragen. „Sie sind schwierig, weil Kultur erst mal alle gut finden, aber jeder etwas anderes darunter versteht. Deswegen reden dann doch immer alle nur über Geld“, fasst er seine Erfahrungen zusammen. Jetzt möchte er beweisen, dass es viel einfacher geht: die Türen öffnen und über das Programm demokratisch entscheiden. ‹


Künstlerinnen & Künstler – David Weber-Krebs (B), Anna Mendelssohn (A), Ant Hampton (UK), Tanja Krone (D), Julian Hetzel (NL), Raul Zelik (D), Sibylle Peters (D), Leonidas Martin (E) und viele mehr

Wunder der Prärie

Alle zwei Jahre wird die Metropolregion Rhein-Neckar zum Zentrum internationaler Live-Art: Mit Performance, Tanz und genreübergreifenden Projekten an der Schnittstelle zu Theater und Bildender Kunst steht „Wunder der Prärie“ seit 2004 für die Präsentation aktueller Kunstformen im Südwesten der Republik. „Wunder der Prärie“ zählt zu den 15 Top-Festivals der Metropolregion Rhein-Neckar und steht unter der Schirmherrschaft von OB Dr. Peter Kurz.
TerminDO 14. bis SO 24. September 2017
Adressezeitraumexit // Hafenstraße 68 // 68159 Mannheim-Jungbusch // Telefon: 0621 3709831 // E-Mail: info@zeitraumexit.de
Spielortezeitraumexit
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